Herr Elegantus und seine Strizzis: Mit Anzug und Humor im Unterricht

Philip, Fellow '24, erzählt, wie sein Weg vom Consultant zum Lehrer ihn vor neue Herausforderungen stellt – und wie ein Anzug, interaktive Methoden und eine Prise Wiener Humor seinen Unterricht und die Verbindung zu den Schüler:innen prägen.

Herr Elegantus & seine Strizzis

Als Consultant ist man es gewohnt, sich in neue Kontexte einzuarbeiten und schnell beweisen zu müssen. Der Einstieg als Lehrer in einer Mittelschule im 10. Wiener Gemeindebezirk hat sich dennoch als die erwartet anspruchsvolle Herausforderung erwiesen. Neben schwierigen Situationen habe ich aber auch fast jeden Tag bewegende und lustige Momente mit ganz großartigen Kindern erleben dürfen und bereits jetzt wahnsinnig viel gelernt. Zu den wichtigsten Erkenntnissen meiner ersten zwei Monate gehören:

Zur Person 

Philip Semelmayer hat Internationale Betriebswirtschaft und Wirtschaftsrecht studiert. Er war fünf Jahre als Consultant in einer Top Management Beratung tätig und arbeitet nun als TFA Fellow 24‘ an einer Mittelschule.

Der Einstieg als Lehrer war die erwartete Herausforderung – und doch gibt es fast täglich berührende und lustige Momente mit großartigen Kindern.

1. Own your Story:

Ich war mir selbst nicht ganz sicher, ob es eine gute Idee ist als Quereinsteiger mit Consulting-Hintergrund im Anzug zu unterrichten. Von manchen Kolleg:innen gab es in der Tat abfällige Blicke und schnippische Kommentare. Aber die Kinder lieben es! Sie mochten es, dass ich ihnen von Anfang an offen gesagt habe wer ich bin, warum ich hier bin und was ich von ihnen erwarte. Als Running Gag haben sie mich mit dem Spitznamen „Herr Elegantus“ bedacht - und wir scherzen in den Pausen regelmäßig zum Style-Faktor meines heutigen Outfits.

2. Interaktivität eats Langeweile for Breakfast:

Start mit einem DoNow bei dem die Kinder das Vorwissen aus der letzten Stunde aktivieren und direkt ins Arbeiten kommen; kurzer Impuls zu einem neuen Lerninhalt; Quiz mit Mini-Whiteboards, um das Verständnis zu überprüfen (siehe Foto); selbstständiges Üben; Partnerübung; Exit Ticket mit Post-Its. So oder so ähnlich sieht eine Deutschstunde bei mir aus. Häufige Methodenwechsel erhöhen das Engagement und den Spaß. Mini-Whiteboards für das nächste Management-Meeting anyone?

3. If it’s hard, try to love it:

In einer meiner Klassen sprechen die 26 Kinder 10 verschiedene Erstsprachen. Bei keinem ist das Deutsch. Durch die Pandemie sowie lange Krankenstände der alten Deutschlehrerin haben die Kinder einiges an Lernzeit verloren. Als Ergebnis sind sie leider oft frustriert, weil sie sich nicht wie gewünscht ausdrücken können. Neben dem Stärken der sprachlichen Grundlagen habe ich hier vor allem auf den Faktor Freude gesetzt. Es macht viel mehr Spaß einen Zeitungsbericht zu schreiben, wenn man weiß, dass ein Polizist auf Wienerisch auch „Kiberer“ oder „Spinatwachter“ genannt wird. Wir haben zudem „Hawara“ als Begriff für Freund und „Strizzi“ für Lausbub kennengelernt - etwas das manche Kids nun auch in ihrer Alltagssprache nutzen.

Freude ist der Schlüssel, um die sprachlichen Hürden zu überwinden.

Ich bin angetreten um gemeinsam mit meinen Schüler:innen daran zu arbeiten, ihnen einen weiterführenden Bildungsweg zu ermöglichen. Das ist ein hartes Stück Arbeit, aber wir sind hochmotiviert: Herr Elegantus und seine Strizzis haben noch viel vor!

— November 2024

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