Pädagogische Führung für mehr Bildungsgerechtigkeit im Kindergarten

Frühkindliche Bildung legt den Grundstein für die Zukunft eines Kindes. Doch was braucht es, um Lernräume zu schaffen, in denen sich Kinder sicher fühlen, ihre Stärken entfalten und mit Freude wachsen können? Johanna Huber, erfahrene Elementar- und Theaterpädagogin sowie Trainerin bei Teach For Austria, gibt im Interview spannende Einblicke in ihre Arbeit, die Entwicklung von TFA Fellows und ihren Wunsch nach mehr Bildungsgerechtigkeit.

TFA: Warum arbeitest Du als TFA Trainerin im Kindergarten-Track des Social Leadership Programms?
 

JH: Ich arbeite als Trainerin bei TFA, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, wie entscheidend die ersten Bildungsjahre für die Entwicklung von Kindern sind. Bevor ich Trainerin bei Teach For Austria wurde, habe ich selbst 12 Jahre lang als Elementarpädagogin und Leiterin in einem Kindergarten gearbeitet. In dieser Zeit habe ich erlebt, welche Herausforderungen, aber vor allem welche Chancen in der frühkindlichen Bildung liegen, gerade wenn es um Bildungsfairness und das Legen des Grundsteins für zukünftige Bildungswege geht. 

Meine Leidenschaft ist es, meine eigenen Erfahrungen weiterzugeben und unsere Fellows im Kindergarten dabei zu begleiten, eine starke, reflektierte und wirkungsvolle pädagogische Haltung zu entwickeln. Die Fellows arbeiten in herausfordernden Kindergärten, in denen sie einen echten Unterschied für Kinder machen können – durch Beziehungsarbeit, Sprachförderung, Resilienzstärkung und ein Umfeld, das Kindern Sicherheit gibt  und sie so annimmt, wie sie sind. 

Mir ist es wichtig, dass Fellows nicht nur Fachwissen erhalten, sondern auch lernen, mit Freude, Klarheit und einer lösungsorientierten Haltung in ihren Gruppen zu arbeiten und an- und mit den Kindern zu wachsen. Ich sehe meine Aufgabe darin, sie auf diesem Weg zu unterstützen – durch praxisnahe Begleitung, Reflexion, Training und Coaching.

Zur Person

Johanna Huber ist ausgebildete Potenzialfokussierte Coachin, Theaterpädagogin (BuT) sowie Elementarpädagogin mit über zehn Jahren Erfahrung, darunter zwei Jahre als Leiterin eines Kindergartens. Sie hat Theater-, Film- und Medienwissenschaften mit Schwerpunkt Theaterpädagogik sowie Publizistik- und Kommunikationswissenschaften studiert. Aktuell ist sie Trainerin im Kindergarten-Track  vom TFA Social Leadership Programm und leitet seit vielen Jahren Fortbildungen für Pädagog:innen und pädagogische Fachkräfte. 

„Meine Leidenschaft ist es, meine eigenen Erfahrungen weiterzugeben und Fellows dabei zu begleiten, eine starke, reflektierte und wirkungsvolle pädagogische Haltung zu entwickeln.“

Johanna Huber, TFA Trainerin

Welche persönlichen Entwicklungen bei den Fellows siehst Du am meisten während der 2 Jahre?
 

Die Entwicklung der Fellows ist immer wieder beeindruckend. Die größten Veränderungen sehe ich vor allem in diesen Bereichen:

  • Pädagogische Haltung & Resilienz: Fellows starten oft mit dem Wunsch, Kinder individuell zu fördern und entwickeln mit der Zeit eine tiefe Reflexion über ihr eigenes pädagogisches Handeln. Sie lernen, Herausforderungen als Entwicklungsmöglichkeiten zu sehen und professionelle Gelassenheit zu entwickeln.

  • Gruppenführung: Eine Gruppe mit 25 Kindern im Blick zu haben, einzelne Bedürfnisse zu sehen und ihnen gerecht zu werden und mit herausfordernden Situationen umzugehen ist nicht einfach. Nach zwei Jahren haben sie gelernt, mit positiver Führung, Strukturen und Beziehungsarbeit eine sichere und lernförderliche Umgebung zu schaffen

  • Kommunikation & Zusammenarbeit: Fellows lernen, sich professionell mit Eltern, Kolleg:innen und Leitungspersonen auszutauschen und dabei für Bildungsanliegen einzutreten, auch wenn es herausfordernd ist.

  • Soziale und emotionale Kompetenz: Sie entwickeln ein starkes Bewusstsein für Traumasensibilität, emotionale Selbstregulation und bedürfnisorientierte Pädagogik.

  • Kinder als Akteur:innen stärken: Fellows lernen, nicht nur Wissen zu vermitteln, sondern Kinder in ihrer Entwicklung zu begleiten, ihre Selbstwirksamkeit zu fördern und sie als aktive Gestalter:innen ihrer eigenen Bildung zu sehen. Sie erkennen ihre eigene Rolle als Vorbild und Leader und übernehmen Verantwortung für das pädagogische Umfeld.

  • Führung durch Beziehungsarbeit: Die Fellows merken schnell, dass Führung im Kindergarten auf Beziehung basiert. Sie entwickeln die Fähigkeit, Gruppenprozesse bewusst zu steuern, Kinder in ihrer Selbstständigkeit zu stärken und ihnen Sicherheit und Orientierung zu geben.

  • Systemische Verantwortung übernehmen: Viele Fellows beginnen das Programm als engagierte pädagogische Fachkräfte und wachsen über die zwei Jahre hinaus zu Multiplikator:innen heran. Sie erkennen, wo Veränderung notwendig ist und übernehmen Verantwortung – sei es in der Zusammenarbeit mit Teams, Leitungspersonen oder Bildungseinrichtungen.

  • Lösungsorientiertes Denken: Fellows entwickeln eine Führungshaltung, die auf Reflexion, Offenheit und Entwicklung basiert. Sie lernen, Herausforderungen proaktiv zu begegnen, nachhaltige Lösungen für Probleme zu finden und langfristig Veränderungen für Kinder und ihre Bildungschancen zu bewirken.

Am Ende des Programms sehen wir nicht nur pädagogische Fachrkäfte, sondern bewusste, reflektierte und wirksame Führungskräfte im Bildungsbereich, die sich für mehr Bildungsfairness einsetzen.

„Fellows lernen, nicht nur Wissen zu vermitteln, sondern Kinder in ihrer Entwicklung zu begleiten und ihre Selbstwirksamkeit zu fördern und sie als aktive Gestalter:innen ihrer eigenen Bildung zu sehen.“

Johanna Huber, TFA Trainerin

Welche Erfolgsgeschichten von Fellow und Kindern teilst Du am liebsten?
 

Es gibt so viele Geschichten, aber besonders gerne erzähle ich von Fellows, die durch ihr pädagogisches Handeln Kindern Türen öffnen konnten:

Der stille Junge, der plötzlich spricht: Ein Fellow arbeitete mit einem Kind, das kaum sprach und sich zurückzog. Durch gezielte sprachförderliche Impulse, viel Geduld, die kontinuierliche Wertschätzung der Erstsprache des Kindes und eine sichere Beziehungsbasis, begann das Kind nach Monaten, sich verbal auszudrücken und aktiv am Gruppenleben teilzunehmen. Es baute Freundschaften auf und konnte so offener, selbstbewusster und sicherer in die Volksschule übertreten.

Vom Chaos zur Struktur – ein Kind findet Sicherheit: In einer Gruppe gab es ein Kind, das sich schwer tat, Regeln einzuhalten, häufig impulsiv reagierte und dadurch oft in Konflikte geriet. Eine Fellow erkannte, dass es diesem Kind nicht an Willen, sondern an Sicherheit fehlte. Sie führte klare Routinen ein, gab dem Kind verlässliche Orientierung und bezog es aktiv in die Gestaltung der Tagesstruktur mit ein. Nach einigen Monaten hatte das Kind gelernt, Strukturen nicht nur einzuhalten, sondern selbstbewusst mitzusteuern – es wurde zu einem der stärksten sozialen Anker der Gruppe.

Ein Fellow verändert eine Kindergarten Kultur: Ein Fellow merkte, dass viele Kinder in seiner Gruppe Schwierigkeiten hatten, ihre Emotionen zu regulieren. Er führte eine Gefühlsuhr, tägliche Befindlichkeitsrunden, eine Wutecke und eine Ruheinsel ein. Dadurch konnten die Kinder lernen, ihre Gefühle besser auszudrücken und eigenständig Strategien zu entwickeln, um mit Frust umzugehen. Das Besondere: Nicht nur die Kinder profitierten davon, sondern auch die Kolleg:innen begannen, diese Methoden zu übernehmen – und langfristig veränderte sich die Haltung im gesamten Team.

Diese Geschichten zeigen, dass es nicht nur um Fachwissen geht, sondern um eine Haltung der Zugewandtheit, Klarheit und Wirkung. Jede kleine Veränderung kann langfristig einen Unterschied im Leben eines Kindes machen – und manchmal sogar im gesamten Kindergarten

Was sind Deine Wünsche für die Zukunft bzgl. Bildungsfairness?
 

Unsere Vision ist, dass jedes Kind in Österreich die gleichen Chancen auf hochwertige Bildung hat – unabhängig von Herkunft, Einkommen oder Sprache. Dafür braucht es frühkindliche Bildung als Schlüssel zur Chancengerechtigkeit, denn hier werden die Grundlagen für den späteren Bildungsweg gelegt. Ich wünsche mir mehr gut ausgebildete und engagierte multiprofessionelle Teams, die Kinder stärken, begleiten und ihnen Selbstvertrauen geben. Kindergärten und Schulen sollen Diversität als Stärke sehen und Kinder in ihren sozialen, emotionalen und kognitiven Fähigkeiten gezielt fördern. Besonders wichtig ist meiner Meinung nach dabei, dass überfachliche Kompetenzen wie Resilienz, Reflexionsfähigkeit und soziale Verantwortung fester Bestandteil der Bildungslandschaft werden. Teach For Austria bildet Fellows aus, die nicht nur im Gruppenraum- oder Klassenzimmer wirken, sondern langfristig das Bildungssystem mitgestalten. Mein Wunsch wäre es daher, dass sich dieser Wirkungskreis immer weiter ausdehnt – hin zu einem Bildungssystem, in dem alle Kinder die Chance haben, ihr volles Potenzial zu entfalten- und zwar von Anfang an.

Warum bist du jetzt als TFA Trainerin in der Erwachsenenbildung tätig?
 

Meine Leidenschaft ist es, Menschen in ihrer pädagogischen und persönlichen Entwicklung zu begleiten –  Ich liebe es, kreative Methoden mit fundiertem Wissen zu verbinden und meine Erfahrungen aus dem pädagogischen Fachbereich weiterzugeben. Als Trainerin bei Teach For Austria sehe ich mich als Lernbegleiterin, Reflexionspartnerin und Impulsgeberin. Lernen darf und soll praxisnah, inspirierend und wirkungsvoll sein – denn nur so kann nachhaltige Veränderung entstehen!

Warum empfiehlst Du Interessent:innen, sich für das Social Leadership Programm zu bewerben?
 

  • Das Social Leadership Programm ist eine einzigartige Möglichkeit, echte Veränderung zu bewirken – nicht nur für Kinder, sondern auch für sich selbst.

  • Direkte Wirkung: Du begleitest Kinder in einer prägenden Phase und schaffst eine Umgebung, in der sie sich entfalten können.

  • Persönliche Weiterentwicklung: Du wirst über dich hinauswachsen, Resilienz entwickeln und deine pädagogischen- sowie Führungskompetenzen stärken.

  • Unterstützung & Community: Du bist nicht allein – durch unser Training, Coaching und den Austausch mit anderen Fellows bist du Teil einer engagierten Bewegung.

  • Karrierechancen: Viele Fellows bleiben im Bildungsbereich, entwickeln innovative Projekte oder gehen in Führungsrollen.

„Das Social Leadership Programm ist eine einzigartige Möglichkeit, echte Veränderung zu bewirken – nicht nur für Kinder, sondern auch für sich selbst.“

Johanna Huber, TFA Trainerin

Wer mit Herz und Verstand für Kinder arbeiten will und nachhaltige Bildungsgerechtigkeit schaffen möchte, für den ist das Social Leadership Programm genau richtig. 

—  März 2025

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