Lehrerin geht in den Kindergarten
Kerstin Schmitzberger ist Teamleitung für Sprachförderkräfte in Kindergruppen und Kindergärten in Wien. Sie hat ursprünglich Lehramt Deutsch und Englisch studiert und als Mittelschul-Lehrerin gearbeitet, bevor sie 2020 Fellow im Kindegarten wurde.
Ein Interview mit Kerstin Schmitzberger
TFA: Liebe Kerstin, du warst TFA-Fellow 2020. Warum hast du dich damals entschieden, an dem zweijährigen Social Leadership Programm von TFA teilzunehmen?
KS: Zu diesem Zeitpunkt habe ich schon im Bildungsbereich gearbeitet, ein Lehramtsstudium abgeschlossen und in einer Mittelschule unterrichtet. Während dieser Zeit wurde mir zunehmend bewusst, dass viele Kinder und Jugendliche in unserem Schulsystem „auf der Strecke bleiben“. Ich habe mir häufig gewünscht, ich hätte „meine“ Jugendlichen schon früher in ihrem Leben kennengelernt, in ihnen Selbstwirksamkeit und Selbstbewusstsein stärken können und ihnen eine positive Einstellung zum Lernen mitgeben können. Auch die Arbeit mit einer jüngeren Zielgruppe konnte ich mir persönlich sehr gut vorstellen, dennoch zögerte ich mit dem Wechsel in den Elementarbereich. Grund dafür war mitunter das Unverständnis meines Umfeldes, dass ich als ausgebildete Lehrerin nun in den Kindergarten wollte – ein Bereich, dem es nach wie vor auch innerhalb der „pädagogischen Community“ an Anerkennung mangelt. Als Teach for Austria schließlich das Ready Programm startete, sah ich mich in meinem Gefühl bestätigt, dass der elementarpädagogische Bereich ein großes Potential bietet, um schon früher die Bildungschancen von Kindern zu erhöhen und wollte ein Teil davon sein.
Du warst TFA-Fellow im Kindergarten. Was waren dort deine größten Herausforderungen?
Meine persönliche Herausforderung war das Unverständnis, warum man mit einem Studienabschluss, der für „höhere“ Bildungseinrichtungen qualifiziert, nun in der Kindergartengruppe stehen will und die dadurch entstehenden Zweifel, den richtigen Weg zu gehen.
Worauf warst du als pädagogische Fachkraft besonders stolz?
Viele Kinder sprechen und verstehen bei Kindergarteneintritt noch kein Deutsch. So war es auch bei einem Mädchen, an das ich mich noch gut erinnere. Sie war schon im letzten Kindergartenjahr und der Druck auf sie, das möglichst schnell zu lernen, war von allen Seiten groß. Jeden Morgen gab es viele Tränen, sie wollte nicht bleiben, die fehlende Sprache erschwerte es ihr, Freundschaften zu schließen. Aber der Beziehungsaufbau gelang mit der Zeit, es gab immer mehr Tage, an denen sie mit einem Lächeln kam, neugierig auf Bildungsangebote reagierte und mitmachen wollte. Gegen Ende des Kindergartenjahres kam sie auf mich zu und erzählte mir, dass sie am Wochenende eine Schultasche bekommen hat, wie diese aussieht und wo ihre neue Schule ist. Solche Entwicklungen begleiten zu dürfen macht stolz!
Was genau machst du jetzt beruflich?
Ich bin Teamleitung für Sprachförderkräfte, die in Kindergärten und Kindergruppen in Wien tätig sind. Zu meinen Aufgaben zählen die fachliche und administrative Führung dieser Sprachförderkräfte, Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung in der Sprachförderung und Unterrichtstätigkeit in der Weiterbildung der Sprachförderkräfte.
Wärst du denkst du ohne Teach For Austria den selben Weg gegangen?
Teach for Austria leistet meiner Meinung nach die unglaublich wichtige Bewusstseinsarbeit, dass Menschen, die im Bildungsbereich tätig sind, eine große Verantwortung tragen und dass diese gesellschaftlich auch gesehen und anerkannt werden muss. Die Community hat mir in herausfordernden Phasen immer Inspiration und Mut zum Weitermachen gegeben.
Inwiefern nutzt du das Netzwerk von Teach For Austria?
Derzeit nutze ich das Netzwerk gerne um auch die vielfältigen Veranstaltungen aufmerksam zu werden, die Vertreter:innen aus unterschiedlichen Bildungsbereichen zusammenbringen und den interdisziplinären Austausch, der dadurch entsteht.
Was sind deine Pläne für die Zukunft?
Mein Ziel ist und bleibt es, weiterhin an der Verbesserung der Bildungschancen für Kinder und Jugendliche zu arbeiten. Dafür gibt es jedoch viele Wege – sei es in der pädagogischen Praxis, der Pädago*innenbildung, im Bereich der Bildungsverwaltung oder Politik. Mir ist wichtig, an der Stelle mitzuarbeiten, wo ich meine Stärken einsetzen kann und dass ich Freude an meiner täglichen Arbeit habe.