TFA Alumna ist CEO einer NGO für Frauenrechte
Lydia Walter war 2015 TFA Fellow an einer Wiener Mittelschule und ist heute Geschäftsführerin einer Schweizer Frauenrechts-NGO. Sie hat Menschenrechte studiert und durch das Social Leadership Programm einen besseren Zugang zum Thema Bildungsfairness bekommen.
Ein Interview mit TFA Alumna Lydia Walter

TFA: Liebe Lydia, Du warst TFA Fellow 2015 an einer Mittelschule. Warum hast Du Dich damals entschieden, an dem zweijährigen Social Leadership Programm von TFA teilzunehmen?
LW: Ich hatte schon immer ein großes Interesse am Thema Bildungsgerechtigkeit. Bereits während meiner Schulzeit habe ich erlebt, wie Mitschüler:innen aufgrund ihrer Herkunft diskriminiert wurden. Diese Erfahrungen haben mich sehr geprägt, und ich habe oft darüber nachgedacht, was ich als Lehrkraft anders machen würde, um Kinder in der Schule zu empowern. Teach For Austria bot mir die Möglichkeit, diese Überlegungen in die Praxis umzusetzen und einen direkten Beitrag zu mehr Chancengerechtigkeit zu leisten.
Was genau hast Du davor gemacht?
Bevor ich Teil des Programms wurde, war ich Flugbegleiterin und habe dabei die Welt bereist. Danach habe ich in den Niederlanden und in Italien ein Bachelorstudium in Internationalen Beziehungen abgeschlossen. Dann war ich als UNO-Jugenddelegierte aktiv und habe Kindern und Jugendlichen bei der UNO-Generalversammlung in New York eine Stimme gegeben.
Du warst TFA-Fellow in der Mittelschule. Was waren dort Deine größten Herausforderungen und was hast Du dabei gelernt?
Eine der größten Herausforderungen war, ein besseres Verständnis für die schwierigen Bedingungen zu entwickeln, unter denen viele Lehrkräfte arbeiten. Diese Rahmenbedingungen führen oft dazu, dass sie ungeduldig, autoritär, distanziert oder auch demotiviert wirken. Ich konnte diese Reaktionen zwar verstehen, aber sie haben oft mit meinem Idealismus kollidiert. Eine wichtige Lektion war für mich, mit solchen Spannungen umzugehen. Außerdem habe ich gelernt, wie wichtig es ist, ein neues Umfeld erst gründlich zu verstehen, bevor man versucht, Veränderungen einzubringen.
"Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, ein neues Umfeld erst gründlich zu verstehen, bevor man versucht, Veränderungen einzubringen."
Worauf warst Du als Lehrkraft besonders stolz? Erzähle uns gerne Erfolgsgeschichten von Deinen Schüler:innen.
Ich bin besonders stolz darauf, eine vertrauensvolle Beziehung zu meinen Schüler:innen aufgebaut zu haben. Ich war nicht nur Lehrkraft, sondern auch eine Bezugsperson für sie. Mir war es wichtig, Werte wie Respekt und Wertschätzung in der Klasse zu leben und ein positives Lernumfeld zu schaffen. Außerdem habe ich versucht, meine eigenen Leidenschaften mit einzubringen: So habe ich einen freiwilligen Debattierkurs und eine UN-Simulation organisiert, bei der sich die Kinder jede Woche spielerisch mit globalen Herausforderungen auseinandersetzen konnten. Ein besonderes Highlight war unser Besuch der UNO-City in Wien. Der Guide war beeindruckt von dem detaillierten Wissen und der Begeisterung, die die Schüler:innen mitgebracht haben.
Was genau machst Du jetzt beruflich?
Nach Teach For Austria habe ich einen Master in Menschenrechten in Paris gemacht. Anschließend war ich viereinhalb Jahre in der Unternehmensberatung tätig, wo ich Organisationen zu Diversität und Inklusion beraten und Schulungen durchgeführt habe. Seit Kurzem bin ich Geschäftsführerin einer Schweizer Frauenrechts-NGO. Da dies keine Vollzeitstelle ist, überlege ich, mich nebenbei im Bereich Gleichstellung und Diversität selbstständig zu machen oder Projekte dazu umzusetzen. Ich freue mich auch über Kontakte und Austausch dazu.
Wärst Du ohne Teach For Austria den selben Weg gegangen, den Du jetzt gegangen bist?
Vermutlich ja, aber ohne die vielen wertvollen Learnings, die ich dort gemacht habe. Teach For Austria hat mir beigebracht, komplexe Situationen zu analysieren und strategisch zu überlegen, wie ich eine positive Wirkung erzielen kann. Diese Fähigkeiten begleiten mich bis heute.
Inwiefern profitierst Du von dem Social Leadership Programm in Deinem heutigen beruflichen Alltag?
Das Programm hat mich gelehrt, wie wichtig es ist, Herausforderungen systematisch anzugehen, andere Perspektiven einzubeziehen und langfristige Strategien zu entwickeln. Diese Fähigkeiten sind in meiner jetzigen Arbeit – sowohl in der NGO als auch in der Beratung – sehr wertvoll.
"Das Programm hat mich gelehrt, wie wichtig es ist, Herausforderungen systematisch anzugehen, andere Perspektiven einzubeziehen und langfristige Strategien zu entwickeln."
Wie nutzt Du das Netzwerk von Teach For Austria? Was ist das Besondere an der TFA-Community?
Momentan bin ich leider nicht so aktiv, da ich im Ausland lebe. Allerdings habe ich aus dieser Zeit enge Freundschaften behalten. Sollte ich jemals nach Österreich zurückkehren, ist das Netzwerk sicher eine tolle Plattform, um mich weiterzuentwickeln, neue Projekte zu starten oder spannende Jobmöglichkeiten zu finden.
Was sind Deine Pläne für die Zukunft?
Ich möchte weiterhin in Bereichen arbeiten, die mir am Herzen liegen. Es gibt noch viel im Bereich Menschenrechte zu tun, gerade angesichts der aktuellen Weltlage. Gleichzeitig überlege ich, meine Expertise zu nutzen, um im Bereich Diversität und Gleichstellung eigene Projekte zu starten.
Was würdest Du einer Person raten, die gerade mit dem Gedanken spielt, zwei Jahre das Social Leadership Programm von Teach For Austria zu machen?
Das Programm erfordert viel Energie, aber für alle mit starken Idealen und Begeisterung für die Idee kann es eine unglaublich prägende Erfahrung sein. Es bietet die Möglichkeit, wirklich etwas zu bewirken – sowohl für die Schüler:innen als auch für die eigene Entwicklung. Wer bereit ist, sich den Herausforderungen zu stellen, kann durch das Programm persönlich und beruflich enorm wachsen.
– Oktober 2024
Zur Person
Lydia Walter war 2015 TFA Fellow an einer Wiener Mittelschule und ist heute Geschäftsführerin einer Schweizer Frauenrechts-NGO. Sie hat internationale Beziehungen und Menschenrechte studiert.