Mehrsprachigkeit ist. Kein Aber.
Am 23. Jänner durfte Teach For Austria gemeinsam mit Ali Dönmez einen Workshop zum Thema Mehrsprachigkeit und Rassismuskritik durchführen. Dabei wurde deutlich, dass Mehrsprachigkeit nicht nur eine Chance, sondern ein unveränderlicher Teil unserer Identität ist, der Respekt und Anerkennung verdient. Ein Rückblick von Hurije Ajredini, Trainerin bei TFA.
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Sprache ist mehr als nur Kommunikation
Die erste Reflexionsaufgabe hat mich besonders berührt: Was bedeutet Sprache für dich? Die Teilnehmenden haben ihre Gedanken auf kleine Kärtchen geschrieben und an eine Pinnwand geheftet. Worte wie Heimat, Familie, Musik, Ausdruck, Selbstständigkeit, Stärke, Liebe kamen zusammen. Ich habe mich sofort darin wiedergefunden.
Als eine Person, die mit drei Sprachen aufgewachsen ist und erst mit zwölf Jahren Deutsch als vierte Sprache lernen musste, kenne ich das Gefühl der Zerrissenheit. Heute ist Deutsch meine zweite Sprache, aber meine Muttersprache bleibt Albanisch – genauso wie Türkisch ein Teil von mir ist. Jede dieser Sprachen trägt Erinnerungen, Emotionen, Zugehörigkeit in sich. Doch was, wenn eine dieser Sprachen in einem bestimmten Raum unerwünscht ist?
Am 23. Januar fand bei Teach For Austria ein bewegender Workshop mit Ali Dönmez zum Thema Mehrsprachigkeit und Rassismuskritik statt. Als ich den Raum betrat, wusste ich nicht, dass ich an diesem Abend so viel über mich selbst, meine eigene Sprachbiografie und die tief verwurzelten gesellschaftlichen Strukturen lernen würde, die Sprache oft als Machtinstrument nutzen. (Hurije Ajredini)
„Jede dieser Sprachen trägt Erinnerungen, Emotionen, Zugehörigkeit in sich.“
Linguizismus – wenn Sprache zur Grenze wird
Eine neue Erkenntnis für mich war der Begriff Linguizismus – Sprachrassismus. Die Idee, dass bestimmte Sprachen weniger wert seien als andere oder dass jemand aufgrund seiner sprachlichen Herkunft diskriminiert wird, war mir zwar aus eigener Erfahrung bekannt, aber ich hatte nie ein Wort dafür.
Ali Dönmez hat klar gemacht: Mehrsprachigkeit ist keine Ressource oder Chance – sie ist. Punkt. Nicht etwas, das man erst "nutzbar" machen muss, sondern etwas, das einfach existiert und respektiert werden muss. Es geht nicht darum, ob Mehrsprachigkeit einen Vorteil bringt, sondern darum, dass alle Sprachen gleich wertgeschätzt werden müssen.
Mehrsprachigkeit ist keine Ressource oder Chance – sie ist. Punkt.
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Mehrsprachigkeit als Selbstverständlichkeit
Ein besonders starkes Moment im Workshop war die kritische Auseinandersetzung mit Sprachverboten in Schulen. Warum wird Kindern mit anderen Erstsprachen oft das Sprechen in ihrer Muttersprache verboten? Warum wird Deutsch als alleinige Sprache der Bildung gesehen? Statt Verbote zu diskutieren, sollten wir uns fragen, wie wir eine Schule gestalten, die wirklich mehrsprachig denkt und handelt.
Ich erinnere mich an Momente in meiner Schulzeit, in denen meine Mehrsprachigkeit nicht als Stärke gesehen wurde. Erst viel später konnte ich stolz sagen: Ja, ich spreche mehrere Sprachen. Ja, das ist ein Teil von mir. Diese Anerkennung wünsche ich allen mehrsprachigen Menschen – und ich möchte alle ermutigen, sich nicht kleiner machen zu lassen:
- Deine Sprache zählt.
- Sprich, so wie du bist.
- Mehrsprachigkeit ist kein Hindernis – sie ist eine Realität.
Ali Dönmez ist ein in Österreich geborener Logopäde und Lehrer für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache (DaF/DaZ). Er wuchs zweisprachig auf und spricht fließend Deutsch und Türkisch.
Mehrsprachigkeit ist kein Hindernis – sie ist eine Realität.
21. Februar – Internationaler Tag der Muttersprache
Ein Tag, der uns daran erinnern soll, dass jede Sprache, egal wie groß oder klein, von Bedeutung ist. Sprache ist Identität, Geschichte, Ausdruck. Wenn wir Sprachen ausgrenzen, grenzen wir Menschen aus.
Sprachliche Vielfalt ist eine Chance – auch im Kindergarten und in der Schule! Als Fellow bei Teach For Austria kannst du Kinder mit unterschiedlichen Erstsprachen stärken und ihnen neue Zukunftsperspektiven eröffnen. Lasst uns gemeinsam daran arbeiten, dass Mehrsprachigkeit in Schulen, in der Gesellschaft und in der Arbeitswelt nicht mehr als Ausnahme, sondern als Selbstverständlichkeit gesehen wird. Denn Sprache ist mehr als Worte – sie ist Zugehörigkeit, Stärke und Freiheit. Mach mit und sichere dir jetzt einen Platz für unser zweijähriges Social Leadership Programm!
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— Februar 2025